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Rudolf Lenz,

[6

I. Natur des Landas.

§

4. Die Zahl der Pflanzen- und Tiernamen indianischen

Ursprungs dürfte sich auf viele Hunderte belaufen; im allgemeinen

konnen dieselben kein grosseres linguistisches oder psychologisches

Interesse beanspruchen. Die Spanier saben sich einer neuen 'Velt

gegenüber gezwungen, entweder ihre heimischen Worter auf mehr

oder weniger ahnliche Pflanzen und Tiere anzuwenden, wobei

dem Volke manches ahnlich erschien, das ·die Naturwissenschaft

deutlich scheidet, oder den Indianernamen anzunehmen.

So wird der Name von

Oanis vulpes,

el ttorro,

oder ge–

wohnlicher

la tto1·ra

auf den sehr ahnlichen

Canis Azarae

übertragen;

Oe1·vu.s Oapreolu,s,

el venado,

auf

Oervus humiUs,

der schon starker verschieden ist.

El leon

bezeichuet in Chile

Felis concolor,

den kleinen Silberlowen, der, olme Mahne, wenig

von der Majestat seines Namensvetters aus der alten Welt hat;

der Keshuaname

puma

für dasselbe Tier ist im Volke hier

wenig gebrauchlich.

La trucha

(eigentlich

Salmo Fario),

für

Perca trucha

in Chile gebraucht, stosst auf energischen Wider–

stand der Zoologen, ebenso

el roble

als Bezeichnung einer

Buchenart

(Fagus obliqua).

Manchmal sind Indianerworte neben den spanischen im

Gebrauch; so nennt man den jungen

roble

in manchen Gegenden

coyárn

(M) und das Kernholz desselben Baumes, wenn er alter

ist,

pellin

(M).

Zuweilen wurde auch ein farbloses 'Vort zum Namen, so

frutilla

die chilenische Erdbeere

Fragaria Ohilensis

statt

fresa.

Der

avellano

in Chile, ein prachtiger Waldriese (

Guevina

avellana),

gehort zur Familie der

Proteaceae,

doch hat seine

Frucht mit der Haselnuss eine gewisse Ahnlichkeit.

Für den Fachmann wird es eine dankbare Aufgabe sein,

zu untersuchen, welche Gesichtspunkte im einzelnen bei der An–

wendung europaischer Tier·- und Pflanzennamen auf die ameri–

kanische Natur massgebend waren. Man wird danach den Grad

der Náturbeobachtungsfahigkeit und Naturauffassung seitens der

Conquistadores bemessen konnen.

Selten ist ein Indianerwort auf importierte europaische

Natur angewendet worden, so

el yuyo

(K) statt und neben

nabo

für

Brassica napus; yuyo

heisst auch allgemein Unkraut

= maleza;

im Keshua

yuyu

allgemein , Kraut, Pflanze, Gewachs."